Offener Brief ans Berliner Ensemble

Heute finde ich einen Brief im Briefkasten vor, dass im Berliner Ensemble am 2.3.14 eine Veranstaltung stattfinden wird, die das neue Buch von Thilo Sarrazin zum Thema und ihn selbst persönlich zu einem Gespräch eingeladen hat.

Der Autor verbreitet den schon immer von den Rechtskonservativen und Rechten genährten Wahngedanken einer angeblich linken Beherrschung  der Presse und Verwaltung in Form eines “Tugendterrors”. Seine Thesen sind dabei so aberwitzig wie unbelegt. Leider aber auch menschenfeindlich, denn er wendet sich explizit gegen den seit der Aufklärung verbreiteten Gleichheitsgrundsatz, der gerade keine Gleichmacherei, sondern Gleichwertigkeit aller Menschen bedeutet.

Als dieser Gedanke das letzte Mal aufgegeben wurde, kam in Deutschland der Nazifaschismus an die Macht. Seit der Zeit Babylons sei so etwas nicht dagewesen, sagte dazu der Zeitzeuge Karski (“Mein Bericht an die Welt”) im Film “Shoah”.

Sarrazin hat mit seinen gefährlichen Thesen Erfolg, da dort, wo eine Gesellschaft dem Geld nachjagt, der Gleichheitsgrundsatz  schnell aufgegeben wird – so Simone Weill (Die Entwurzelung ist die gefährlichste Krankheit).

Bertolt Brecht würde sich im Grabe umdrehen, wüsste er, dass ein Mann wie Sarrazin sein Theater auch nur betreten dürfte, ganz egal, ob zu einer auch noch so kritisch gemeinten Diskussion.

Sarrazin verglich er die gesellschaftliche Situation in Deutschland mit einer Zuchtgestüt von Rassepferden (zit. n. taz vom 8.1.2012): »Stellen Sie sich vor, dies sei ein Gestüt mit Lipizzanerpferden. Und irgendwie wird in jeder Generation ein belgischer Ackergaul eingekreuzt. Völlig klar, die genetisch bedingte Fähigkeit zum Laufen sinkt. Gleichzeitig steigt die genetisch bedingte Fähigkeit, einen Karren durch den Lehm zu ziehen. So ist das auch mit Menschen«. Nur wer gehört zu den Rennpferden, wer zu den Ackergäulen? Sarrazin schmeichelt seinen Fans damit, dass sie sich zu den Zuchtpferden zählen dürfen und erklärt andere Menschen zu Ackergäulen. Das ist widerlichster und primitivster Rassismus.

Protestieren Sie öffentlich mit mir und vielen Leuten zusammen dagegen, dass die Errungenschaften der Französischen Revolution als  “tugendterroristisch” diffamiert werden!

2 Antworten auf “Offener Brief ans Berliner Ensemble

  1. Ich kann überhaupt nicht nachvollziehen, wie es zu dieser “Einladung” kommen konnte. Wer ist denn dafür verantwortlich? Hält die NDP demnächst ihre Versammlung auch in diesen Räumen ab? Unglaublich!

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