Debtocracy – Rezension

Kein Radiosender, der momentan nicht rund um die Uhr die Griechen beschimpft, gleichzeitig wird heftig Eigenlob betrieben, man wolle den Griechen  wirklich helfen, nur helfen, nichts als helfen. Aber sie können einfach nicht hören, obgleich man die Parteien ja schon “überzeugt” habe, kann das Volk, der “böse Bengel” einfach nicht hören. Wer nicht hören will, muss fühlen! Und deshalb werden jetzt Frontex-Soldaten nach Athen geschickt.

Denn die Griechen wollen nicht sterben, sie wollen nicht den Reichtum anderer Länder finanzieren, sie wollen keine Lohnkürzungen, sie wollen ihre Arbeit nicht verlieren, das Land und ihre Kinder nicht sterben lassen, sie wollen ihre Wohnungen nicht verlieren, nicht hungern, nicht krank werden, sie wollen das alles nicht, denn sie haben nichts getan, was solch eine Massenkollektivbestrafung rechtfertigen könnte. Ununterbrochene Schelte auf ein ganzes Volk, wer kann so etwas mit gutem Gewissen Tag für Tag unkritisch herunterbeten?

Debtocracy – ein starker Film, ein Stück lehrreicher Gegenkultur

Da freut man sich dann, dass es noch Gegenkultur und Gegenstimmen gibt, ein Mut machendes Projekt ist der durch Spenden finanzierte Dokumentarfilm von Katerina Kitidi und Ari Chatzistefanou aus Griechenland: Debtocracy, er zeigt wirklich gut und differenziert die Hintergründe der griechischen Schuldenkrise auf und stellt sie in einen interessanten globalen Kontext. Ein kraftvoller Film, der nicht durch Rethorik, sondern durch Tatsachen überzeugt und vehement anklagt. Die Verantwortung der neoliberalen Politik und des Finanzkapitals wird hervorgehoben, behandelt werden alternative Lösungen zu Sozialabbau und Privatisierung. An den Beispielen Ecuador und Argentinien thematisiert der Film, dass verschuldete Länder nicht dem Druck von IWF und Gläubigern folgen müssen. Am Beispiel des Iraks wird gezeigt, dass Schulden einfach mit einem Federstrich weggewischt werden können, wenn das politisch gewollt ist. Debtocracy ist ein Beispiel für einen ganz neuen Journalismus, in dem das Publikum durch “Crowdsourcing” nicht nur an der Finanzierung, sondern auch direkt an der Entstehung des Films beteiligt ist. Zu Wort kommen Intellektuelle und Publizisten aus aller Welt wie David Harvey, Samir Amin, Costas Lapavitas, Alain Badiou, Sahra Wagenknecht u. a., sehr lohnenswert, bestellen, anschauen, weitersagen!

Am Beispiel Griechenlands

Man verabredet ein Komplott zum Mord

und stößt einen Mann über Bord.

Dann Scheinwerfer an, Kamera läuft:

große Rettungsaktion, damit keiner ersäuft.

Man wirft einen Rettungsring aus Beton,

damit geht er unter? Tja, das hat er davon.

Das ist die Botschaft der vereinigten Luschen:

Arbeiten! Mund halten! Zahlen und kuschen!

Die gilt für alle, nicht nur für Griechen:

Menschenrecht ist das Recht zu kriechen.

Wiclaf Droste in der jw/16.2.12

 Film-Trailer: http://www.youtube.com/watch?v=6KYTlxhLpTQ

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